Srinagar: Das „Venedig des Ostens“, im Herzen Kaschmirs, am Fuße des Himalayas

Srinagar – Ich melde mich aus einer Welt, die sich so weit weg von meinem alten Alltag anfühlt, wie kaum ein Ort zuvor. Wer mir auf meinen Reisen folgt, weiß, dass ich das „Perpetual Traveler“-Dasein liebe, weil es mich immer wieder aus der Komfortzone katapultiert. Aber mein aktueller Stopp in Kaschmir-Indien, am Fuße des Himalaya Gebirges setzt dem Ganzen die Krone auf.

Hier ist mein Bericht über das Leben zwischen Tradition, Gipfeln und Gebeten.

Deep Dive: Leben in einer muslimischen Gastfamilie

Normalerweise buche ich mir als digitaler Nomade ein schickes Airbnb oder ein Co-Living Space mit schnellem WLAN. Diesmal habe ich mich für ein Homestay direkt bei einer muslimischen Familie in Srinagar entschieden.

Es ist eine krasse Erfahrung, so tief in den Rhythmus einer anderen Kultur einzutauchen.

  • Der Vibe: Morgens werde ich nicht vom Wecker, sondern vom Ruf des Muezzins und dem Duft von frischem Nun Chai (dem typischen salzigen rosa Tee) geweckt.
  • Gastfreundschaft: Die Herzlichkeit ist überwältigend. Man ist hier kein „Kunde“, man ist ein Familienmitglied auf Zeit. Ich lerne gerade, wie man traditionelle Gerichte über offenem Feuer kocht und wie wichtig der Zusammenhalt in der Großfamilie ist. Es ist ein krasser Kontrast zu der oft anonymen Welt, in der wir Nomaden uns sonst bewegen.

Roadtrip in die Wildnis: 2 Tage Himalaya mit der „Local Gang“

Wenn du im Himalaya bist, kannst du nicht einfach nur im Zimmer sitzen und am Laptop hängen. Mein Gastgeber – er ist etwa in meinem Alter, so um die 35 – hat mich kurzerhand eingepackt. Gemeinsam mit drei seiner Freunde sind wir zu einem dreitägigen Trekking-Trip in die Tiefen des Himalaya Gebirges aufgebrochen.

Die Konstellation der Truppe war perfekt:

  • Der Profi: Einer der Jungs war ein erfahrener Bergführer, der jeden Pfad im Schlaf kennt.
  • Der Fahrer: Ein anderer kam mit seinem Geländewagen, mit dem wir uns über Pisten gekämpft haben, die man kaum „Straßen“ nennen kann.
  • Der Neugierige: Und dann war da noch ein guter Freund meines Gastgebers. Ich habe das Gefühl, er ist eigentlich nur mitgekommen, um diesen „digitalen Nomaden“ mal unter die Lupe zu nehmen und zu checken, wer ich eigentlich bin.

Das Highlight der Tour war unsere Unterkunft. Wir haben nicht etwa im Zelt geschlafen, sondern bei einer einheimischen Familie in einer traditionellen Holzhütte.

Einfachheit pur: Es gab keinen Luxus, nur echte Menschlichkeit. Wir saßen alle um ein offenes Feuer in der Mitte der Hütte, an dem auch das Essen zubereitet wurde. Als es Zeit zum Schlafen wurde, gab es keine getrennten Zimmer: Wir haben alle gemeinsam in einem einzigen Raum auf dem Boden geschlafen – die Gastgeber, die Truppe und ich.

Diese Nacht in der Hütte, während draußen die kalte Bergluft wehte und drinnen das Feuer knackte, war einer dieser Momente, in denen du merkst, wie wenig man eigentlich braucht, um zufrieden zu sein. Die Gespräche dort oben, völlig ohne WLAN oder Ablenkung, waren ein intensives und aufregendes Erlebnis.

Zurück in Srinagar: Wenn Fremde zur Familie werden

Nach drei Tagen in der Wildnis, ohne Dusche und mit dem Geruch von Lagerfeuer in den Klamotten, rollten wir mit dem Geländewagen wieder in Srinagar ein. Der Kontrast war krass: Von der absoluten Stille der Holzhütte zurück in das lebendige Gewusel der Stadt.

Aber das Schönste war das Gefühl beim Betreten des Hauses meiner Gastfamilie. Es fühlte sich nicht mehr an wie ein „Homestay“ – es fühlte sich an wie Nach-Hause-Kommen.

Als ich zur Tür hereinkam, wurde ich empfangen, als wäre ich ein verlorener Sohn, der von einer langen Expedition zurückkehrt. Es gab sofort heißen Tee, unzählige Fragen zu unseren Erlebnissen in den Bergen und ein riesiges gemeinsames Abendessen. In diesem Moment wurde mir klar: Das Experiment, „tief einzutauchen“, ist voll aufgegangen. Ich bin hier nicht mehr der Tourist mit dem Laptop, ich bin Teil ihres Alltags geworden.

Diese Reise nach Kaschmir verändert und prägt meine Sicht auf unsere multikulturelle Welt wieder einmal. Es ist ein Prozess, den man nicht planen kann. Zu Beginn war es ehrlich gesagt nicht ganz einfach: In eine so traditionelle muslimische Familie einzutauchen, brachte am Anfang Hürden mit sich. Da war eine spürbare Distanz. Die Frauen der Familie waren mir gegenüber streng verschleiert, und die Interaktionen waren von einer gewissen gegenseitigen Unsicherheit geprägt – es war für mich ungewohnt und für die Frauen der Familie sicher genauso komisch, plötzlich einen fremden Mann aus dem Westen im Haus zu haben.

Aber über die Tage und besonders nach der gemeinsamen Zeit in den Bergen hat sich etwas Grundlegendes verschoben. Die anfängliche Skepsis wich einer tiefen Vertrautheit.

Der krasseste Moment war, als ich merkte, dass ich nicht mehr als Fremder, sondern als echtes Familienmitglied wahrgenommen wurde. Das Eis war so weit gebrochen, dass sich die Frauen der Familie in meiner Gegenwart schließlich nicht mehr verschleierten. Dass sie mir dieses Vertrauen entgegenbrachten und mich so tief in ihre Privatsphäre und ihren geschützten Raum ließen, hat mich zutiefst berührt. Es war der Moment, in dem ich wusste: Ich bin hier nicht mehr der Gast, ich gehöre jetzt dazu.

Es sind nicht die Sehenswürdigkeiten, die bleiben – es ist diese Wärme und das gegenseitige Vertrauen, das entsteht, wenn man Vorurteile abbaut und sich wirklich auf eine Kultur einlässt.

Noch ein paar weitere Impressionen aus Srinagar

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